Ein Lied durch 180 Jahre

von Gerd Harth und Inge Schneider

Die Gründung des Gesangvereins "Eichenkranz" erfolgte im Jahre 1840. Leider ist das genaue Datum heute nicht mehr bekannt. Unter der Leitung von Lehrer Döll fanden sich folgende Mitglieder zusammen und legten den Grundstein für unseren Verein:

1. Tenor: Konrad Faber, Heinrich Heck II, Heinrich Henrich, Jakob Junghans, Georg Kirchner, Christian Klaus, Georg Merz, Georg Wolf III. 2. Tenor: Konrad Kapeller, Konrad Meyer, Johannes Mösser, Heinrich Werner. 1. Bass: Heinrich Kraft, Johannes Müller, Christian Sauer, Johannes Schade, Karl Weith, Andreas Werner. 2. Bass: Christian Eckhardt, Ernst Heck, Georg Herzberger I., Heinrich Luft I., Werner Umsonst, Johannes Wirth I., Jakob Wolf II.

Das Volkslied zu pflegen...

In den größeren Städten widmeten sich zwar schon viele Sängervereinigungen dem Chorgesang. Diese waren meistens jedoch Kirchenchöre mit überwiegend geistlichem Repertoire oder "semiprofessionelle Chöre", wie man heute sagen würde, welche der hohen Gesangskunst fröhnten.
Das Chorliedergut, wie wir es heute kennen, wurde erst durch Carl Friedrich Zelter (1758-1832) und Friedrich Silcher (1789-1860) geschaffen, von den Vereinen aufgenommen und verbreitet. Deshalb waren auf dem Lande bis dahin nur sehr selten Gesangvereine anzutreffen.

So sind es im heutigen Gebiet des Niddatal-Sängerbundes nur drei Vereine gewesen, die bereits im Jahre 1840 bestanden, darunter unser eigener. Die Chöre machten es sich zur Hauptaufgabe, das Volkslied und das geistliche Lied zu erhalten und zu pflegen. In der Satzung unseres Vereines ist das auch heute noch so festgeschrieben.

Ein Dorf ohne Chor ist wie ein Wald ohne Vögel...

Daneben war und ist es eine Aufgabe, die menschliche Gemein-schaft zu pflegen und in der dörflichen Gesellschaft einen Platz auszufüllen, der ohne musikalische Ausgestaltung leer und öde wäre. Das kann ein Verein nur dann, wenn jedes einzelne aktive Mitglied sich diesem Ziel verbunden fühlt und seinen persönlichen Beitrag dazu leistet. Dies versuchte auch der junge Gesangverein "Eichenkranz" zu erreichen, und nahm deshalb folgende Passage in seine Satzung auf: " Alle Privatstreitigkeiten sowie religiöse und politische Tendenzfragen werden aus dem Verein verbannt."

Dieser Grundsatz wurde leider nicht immer von allen beherzigt, was des öfteren Unruhe in das Vereinsleben brachte. Doch immer fanden sich treue Anhänger und Sänger, die kein Opfer scheuten, damit der "Eichenkranz" weiter bestehen konnte.

Fahnen, Feste und Finanzen

Im Jahre 1842, zwei Jahre nach der Gründung des Gesangvereins "Eichenkranz", wurde eine Vereinsfahne angeschafft, die auch heute noch erhalten ist. Damals wie heute wurden solche Sonderausgaben mit Spendengeldern finanziert. Die Chronik verzeichnet dazu folgende Spender und Beträge:
Christian Klaus 15 fl., Heinrich Heck 5 fl., Georg Merz 5 fl. (fl.= Florentiner Gulden = Goldmünze, zum Vergleich: Jahresgehalt eines Knechtes um 1824, inklusive Sonderzahlungen: 31 fl. Es handelte sich also um großzügige Spenden). Die übrigen Mitglieder des Vereines gaben je einen kleinen Taler, der fehlende Rest wurde von der bürgerlichen Gemeinde dazugegeben. Die Fahne fertigte der Maler Wackendorf aus Frankfurt am Main für ca. 70 fl. an. Die "Eichenkranz"-Mitglieder Johannes Wirth und Konrad Faber holten die wertvolle Neuerwerbung in Frankfurt ab und noch im gleichen Jahr wurde die neue Fahne auf dem großen Sängerfest in Friedberg
eingeweiht.

In dem politisch recht stürmischen Jahr 1848 löste sich der Verein auf, um erst nach einem elfjährigem Schlaf im Jahre 1859 wieder zu neuem Leben zu erwachen. Es waren fast dieselben Mitglieder, die nun unter der Leitung des Lehrers Berghauer den "Eichenkranz" zum zweiten Male auf der Grundlage der alten Statuten gründeten. Inzwischen waren auch in anderen Gemeinden unserer Gegend Gesangvereine entstanden, und es ist überliefert, dass 1860 in Reichelsheim ein Sängerfest gefeiert wurde.

Beispielhaft für viele Sängertreffen im 19. Jahrhundert: Das Schweinfurter Sängerfest von 1890, festgehalten mit der damals noch jungen, revolutionären Technik der Fotografie

Von den folgenden Jahren ist nichts Besonderes zu berichten. Durch den Wechsel der Dirigenten nahm der Verein zeitweise an Mitgliedern ab, erreichte aber später wieder den üblichen Stand. Vermögend war der "Eichenkranz" nicht, es wurde aber dennoch ein Harmonium und ein Klavier angeschafft.

Der Gesangverein "Eichenkranz" beim Fest der 70-jährigen Fahnenweihe im Jahre 1912

Ein Höhepunkt der Vereinsgeschichte war das Jahr 1912. Der Lehrer und Dirigent A. Walter schreibt: "Kurz nach Neujahr wurde für den Sommer beschlossen, die 70-jährige Fahnenweihe zu begehen. Die Tage des Festes wurden auf den 22., 23. und 24. Juni festgelegt. Bei günstigem Wetter nahm das Fest unter der Leitung des Präsidenten Friedrich Michel einen schönen Verlauf. Nach einer ungefähren Schätzung haben außer den Vereinen über 3000 Personen an dem Fest teilgenommen. Nach Abzug aller Unkosten blieb dem Verein laut Rechnung ein ganz stattlicher Überschuss. Die Festmusik hatte die Niddaer Feuerwehrkapelle unter Leitung des Herrn Hermann Hisgen aus Lich übernommen. Besonderes Lob können wir der Kapelle nicht widmen. Unsere Fahne erhielt eine schöne Schleife, gestiftet von den Frauen und Jungfrauen der Gemeinde. Überreicht wurde sie von Familie Herzberger. Die Weiherede hielt Pfarrer Korell. Die Fahne bekam außerdem eine neue Stange und Spitze, so daß sie sich in ihrem neuen Schmuck recht prächtig ausnimmt."

Wenn im Krieg das Lied verstummt...

Nur zwei Jahre nach diesem Fest musste der Verein seine Arbeit, bedingt durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges im August 1914, für fünf Jahre unterbrechen. Erst im Herbst 1919 nahm der "Eichenkranz" unter der Leitung seiner Dirigenten Lehrer Meyer und Lehrer Matthes seine sängerische Tätigkeit wieder auf. Wie alle anderen Vereine des Dorfes hatte auch der "Eichen-kranz" viele seiner Mitglieder verloren.

Im Jahre 1925 wurde Lehrer Meyer nach Hungen versetzt und an dessen Stelle trat Lehrer Matthes als alleiniger Dirigent. Im gleichen Jahr wurde durch Herrn Lehrer Leidig ein Mädchenchor gegründet, der aber nur einige Jahre bestand. In den Jahren 1928/29 zählte der Verein unter der Leitung des Dirigenten Ferdinant Zaminer aus Nieder-Mockstadt 52 aktive und 72 passive Mitglieder. Auch während der schweren Weltwirtschaftskrise konnte der Dauernheimer Gesangverein sich halten, und unter dem Dirigenten Robert Wagner musikalische Fortschritte erzielen. Als dieser 1938 den "Eichenkranz" verließ, ruhte die sängerische Tätigkeit bis zum Jahre 1946.

Der so unrühmliche Zweite Weltkrieg riss, wie auch der erste, eine große Lücke in die Sängerreihen. Im Jahre 1946, als die Wunden des Krieges langsam zu heilen begannen, fanden sich unter der Leitung des letzen Dirigenten Robert Wagner erneut sangesfreudige Männer im Dorfe zusammen, um das Vereinsleben zu reaktivieren. Im Januar 1947 konnte der Chor mit 39 aktiven und 64 passiven Mitgliedern seine Tätigkeit wieder aufnehmen.

Pur oder gemischt - das ist hier die Frage...

Lehrer Klawitter löste 1950 Chorleiter Robert Wagner ab, der aus beruflichen Gründen ausscheiden musste.

Klawitter leitete den Chor, bis im Jahre 1953 der junge Dirigent Adam Gensert die Leitung übernahm. Unser Foto zeigt den im Jahr 2011 verstorbenen Adam Gensert (Mitte, sich verneigend) im April 2009 bei seinem 60-jährigen Dirigenten-Jubiläum inmitten der von ihm damals geleiteten Chorgemeinschaft Ober-Seemen. Auch unser Chor sang aus diesem Anlass seinem ehemaligen Dirigenten zu Ehren, der als Koryphäe seines Fachs galt.

Bis 1956 war der Gesangverein "Eichenkranz" stets ein Männerchor gewesen. Da die Zahl der aktiven Sänger zurückging, erweiterte man den Chor unter Adam Gensert nunmehr durch Frauenstimmen.

Sie machte sich in unserer Region stark für die Frauenstimme im Chor: Margarete Dessoff (1874-1944), Sängerin und Chorleiterin an Dr. Hoch's Konservatorium in Frankfurt am Main, Gründerin des "Dessoff'schen Frauenchors". In den 20er Jahren folgte sie einem Ruf nach New York, wo sie als Chorus Director am Institute of Musical Art Konservatorien, Frauenchöre und gemischte Chöre nach deutschem Vorbild ins Leben rief.

In der gemischten Form blieb der Gesangverein "Eichenkranz", inzwischen von Günter Frost (1957-1963) geleitet, bis 1962 erhalten. Von 1963 bis 1970 sang man wieder nur als Männerchor, danach wieder "gemischt", so wie der Chor bis heute besteht. Für die Verdienste um Chorgesang und Volkslied wurde dem Gesangverein "Eichenkranz" 1958 die begehrte Zelter-Plakette verliehen, vom Hessischen Ministerpräsidenten erhielten wir anlässlich unseres 125-jährigen Bestehens im Jahre 1965 ebenfalls eine Ehrenplakette.

Der Männerchor im Jahre 1965 - aufgenommen aus Anlass des 125-jährigen Bestehens des Gesangvereins "Eichenkranz". 3. von links, vorne: Chorleiter Richard Lenz

Ab 1963 bis 1990 stand der im Jahr 2008 im hohen Alter von 90 Jahren verstorbene Richard Lenz aus Wallernhausen unserem Chor als Dirigent vor. Von den heute noch aktiven Sänger/ innen gehörten einige bereits unter seinem Dirigat dem "Eichenkranz" an. "Das haben wir beim Lenz gelernt, das sitzt!" ist eines der geflügelten Worte dieser Chorgeneration.

Der Verein im Jahre 1990, dem 150. Jahr seines Bestehens. Rechts außen in der vordersten Reihe: Chorleiter Richard Lenz

Ein Artikel des Kreis-Anzeigers zum Gedenkgottesdienst für Richard Lenz lässt das Wirken unseres ehemaligen Dirigenten lebendig werden:

 

WALLERNHAUSEN (mü) - Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung sowie vieler Gäste aus den Bereichen Politik, Kirche und Kultur feierte man in der evangelischen Kirche Wallernhausen einen Gedenkgottesdienst für den am 5. März 2007 verstorbenen Organisten und Ehrenchorleiter des Niddatal-Sängerbundes, Richard Lenz. Neben drei Chören, die jahrzehntelang unter der Leitung des vielseitig begabten Lenz gestanden hatten, trugen auch der Posaunenchor Wallernhausen unter Holger Schneider sowie Günther Herzberger, Vorsitzender des Niddatal-Sängerbundes, und Forstoberamtsrat Hans-Wolfgang Eckhardt vom Forstamt Nidda als Laudatoren dazu bei, dass ein lebendiger Eindruck vom Wesen und Wirken des Verstorbenen entstand.

Den Gottesdienst leitete Pfarrerin Beate Henke, die treffende und zugleich tröstende Worte für die versammelte Trauergemeinde fand. Die Predigt hielt Pfarrer Burkhardt Lusky, der 16 Jahre lang in Wallernhausen tätig gewesen war und in Richard Lenz, wie er betonte, stets einen engagierten und allem Neuen aufgeschlossenen Wegbegleiter gefunden hatte. Als ein Mann der Musik habe der am 9. Dezember 1916 in Wallernhausen geborene Lenz sich nicht nur um den örtlichen Gesangverein, den Posaunenchor und den Kinderchor hohe Verdienste erworben, erläuterte Pfarrerin Henke in ihrer Einleitung. Nahezu alle Ortsvereine und die Kirchengemeinde schuldeten dem Verstorbenen Dank für seine vielseitigen Tätigkeiten.

Auf ausdrücklichen Wunsch seines ehemaligen Chorleiters intonierte der Gemischte Chor Wallernhausen unter Christine Rehahn anschließend "Wenn mein Stündlein vorhanden ist". Ebenso persönlich war die Beziehung des Verstorbenen zu dem bekannten Bonhoeffer-Text "Von guten Mächten wunderbar geborgen". Wie Pfarrerin Henke darstellte, hatte Lenz zu diesen anrührenden Zeilen einen eigenen singbaren Satz geschaffen. Der Gesangverein "Orpheus Nidda" und der Gesangverein "Eichenkranz" Dauernheim brachten unter Bundeschorleiter Christian Renner das "Grablied" von Pracht zu Gehör - auch dies war, ebenso wie das von allen drei Chören vereint vorgetragene "Heilig" von Schubert, ein Gesang, den man einst unter Richard Lenz erarbeitet hatte. Wohl jeder in Wallernhausen und in diesem Gotteshaus habe seine eigene Geschichte mit Richard Lenz, führte Pfarrer Lusky in seiner Predigt aus. Lenz sei bis ins hohe Alter ein Mann von großer geistiger Beweglichkeit, zugleich Bescheidenheit und Dankbarkeit gegenüber Gott geblieben, ein Mann, der vieles in Gang gesetzt und Spuren hinterlassen habe. Oft sei er, Lusky, außerhalb der Gottesdienstzeiten still in die Kirche getreten und habe Lenz beim Üben zugehört. Dieser sei als Organist stets mit dem Herzen bei der Sache gewesen, die Musik sei für ihn wesentlicher Bestandteil des Lobes Gottes und - neben seiner geliebten Ehefrau Pauline - Kernstück seines Lebens gewesen."

Aufbruch ins 21. Jahrhundert

Seit 1990 lag die Chorleitung in den Händen von Klaus Brandt - im Jahr seines 20. Dirigenten-Jubiläums legte unser langjähriger musikalischer Leiter den Dirigentenstab jedoch in jüngere Hände: Im Rahmen unseres Jubiläums-Pfarrhoffestes zum 170-jährigen Bestehen am 14. und 15. August 2010 fand die Stabübergabe unseres verehrten, inzwischen verstorbenen Chorleiters Klaus Brandt (28.6.1952 bis 17.12.2017) an Thomas Kiersch statt, der viele weitere Chöre im Umkreis führt und zugleich Bundeschorleiter des Niddatal-Sängerbundes war.

Klaus Brandt, von Haus aus Mathematiklehrer und Familien-vater, übernahm den damaligen Männerchor sowie den gemischten Chor des Gesangvereins "Eichenkranz" im Alter von 38 Jahren. Seine Ausbildung zum Chorleiter hatte er zuvor nebenberuflich unter der Fittiche des Hessischen Sängerbundes an Dr. Hoch's Konservatorium in Frankfurt absolviert.

Im Anschluss daran leitete er zeitweise fünf Chöre, unter anderem in Bad Nauheim und in unserem Nachbardorf Ober-Mockstadt. Dabei ging er die unterschiedlichen Dirigate stets mit ganzem Herzen, viel musikalischer Phantasie und ungeteiltem Einsatz an. "Manche jungen Dirigenten übernehmen eine Vielzahl von Chören, um sich ein Studium zu finanzieren - und wenn sie damit fertig sind, wechseln sie komplett auf die Profiebene und die Amateure haben das Nachsehen", bemängelte Klaus Brandt des öfteren im Gespräch. Ihm selbst lag nichts ferner. Er spornte lieber uns, die Laien, an, musikalisches Neuland zu betreten und duldete die Neubildung von Untergruppen wie den "Monday Singers" und den "Eichhörnchen" in seinem Chor nicht nur, sondern ermutigte sogar dazu. "Die Chöre im Chor mit eigener Ausrichtung und Repertoire sind für mich Motor und Ansporn - für den Chor aber ein Jungbrunnen", stellte er weitblickend fest.   

Vor zehn Jahren erinnerte sich Klaus Brandt des Lehrerexamens, "das noch immer in meiner Schublade lag" und folgte einem dringenden Ruf der Limesschule nach Altenstadt. Schon damals bedingte die zunehmende Tätigkeit im Hauptberuf Kompromisse und Umstellungen in den Reihen seiner Chöre, doch arrangierte man sich untereinander mit allem Neuen - nur um Klaus Brandt länger am Dirigentenpult zu halten. Doch nach und nach forderte der Lehreralltag seinen Tribut. 2008 dirigierte Klaus Brandt zum letzten Mal den "Liederkranz" Ober-Mockstadt - 2010 waren wir mit Abschiednehmen an der Reihe. Wir dankten Klaus Brandt für all den Schwung, die mit großer Geduld erarbeitete Präzision und die wegweisenden Impulse für unser Repertoire, die er uns mit auf den Weg gegeben hat: So war es seiner integrativen Persönlichkeit zu verdanken, dass der Stammchor englische, schwedische und afrikanische Lieder, Gospels und das avantgardistische Vaterunser von Wolfgang Stockmeier ebenso wie Renaissance-Stücke zu Gehör brachte, dass neben den "Monday Singers" unter Gerd Harth ein erster Kinderchor entstand und junge Aktive in den Vorstand wechselten. Sein früher Tod gegen Ende des Jahres 2017 hat unseren Verein tief getroffen, wie unter anderem auch die rege Teilnahme an seiner Beisetzung und der Nachruf unseres Ersten Vorsitzenden Ralf Schneider unterstrichen.

 

Thomas Kiersch, seit Kindheit und Schulzeit tief musikalisch geprägt, hat sich als freiberuflicher Musikpädagoge, Leiter verschiedener Chöre und Orchester, Komponist und Projektleiter in der Region längst einen Namen gemacht. Große Teile unseres Chores haben unter der Leitung von Thomas Kiersch bei der Doppel-Aufführung der "Missa Katharina" von Jacob de Haan zum Jubiläum "100 Jahre Niddatal-Sängerbund" unter dem Motto "100 Jahre - 100 Stimmen" mitgewirkt (2010), ebenso bei der Erarbeitung und Darbietung der "Deutschen Messe" von Franz Schubert in der Sankt-Anna-Kirche zu Ranstadt und in der Ilbenstädter Basilika (2011). Wir durften zunächst die Gründung des Jugendchores "Die Cher(r)ies" erleben, später die Entstehung des Cross-over-Chores (heute: "vocal-k") mit Sängerinnen und Sängern aus allen "Kiersch-Chören" von Windecken über Dauernheim nach Dietesheim sowie die Gründung unseres PopChors im Herbst 2013 nach Beschluss der Jahreshauptversammlung. Sehr beliebt sind mittlerweile auch die alljährlichen Treffen der "Kiersch-Chöre" - das heißt: aller Chöre, die unter der Leitung unseres Dirigenten singen.

 

175 Jahre Eichenkranz

„Petrus ist ein Sänger – wir bekommen schönes Wetter!“ hatte der Vorstand des Gesangvereins Eichenkranz Dauernheim hoffnungsvoll in seine Einladung zum dreitägigen Jubiläums-Liederfest geschrieben. Der himmlische Sangesfreund sollte seine irdischen Kollegen nicht enttäuschen: Drei Tage lang machten sämtliche Gewitter einen weiten Bogen um den Dauernheimer Pfarrhof, feierten insgesamt mehr als 600 Besucher quer durch alle Generationen das 175-jährige Bestehen des Gesangvereins zunächst mit einem „Abend der Jungen Stimme“, dann mit dem „Liederabend der Traditionschöre“ und schließlich mit einem Festgottesdienst am Sonntag, anschließendem Frühschoppen, Mittagessen und Kaffeetisch. Den „Abend der Jungen Stimme“ eröffneten naturgemäß die jüngsten Sänger. Unter Gerd Harth bewiesen die Dauernheimer Eichhörnchen Taktgefühl und zudem Sprachbegabung – mit Liedern auf Deutsch, Englisch und Spanisch. Den Reigen der Formationen für junge Erwachsene startete der Junge Chor des Gesangvereins Eichenkranz gemeinsam mit dem Cross-over-Chor unter Thomas Kiersch. Es folgten die O-Town-Singers aus Ortenberg (Leitung: Philipp Langstroff), der aus einem Weihnachtsprojektchor entstandene ChoriOS Ober-Seemen unter Michael Habermann sowie der Showchor XanX aus Wenings um Chorleiter Jörg Schäfer. Mit Takt 17 war der Gesangverein Inheiden zum ersten Mal bei den Dauernheimern zu Gast und gab unter Dirigent Jens Kempgens eine überzeugende musikalische Visitenkarte ab. Den Schlussakkord setzten der Junge Chor, der Cross-over-Chor und die O-Town Singers gemeinsam mit „Only Time“.

Der Liederabend der Traditionschöre am Folgeabend, an dem auch Günther Herzberger als Vorstandsmitglied des Hessischen Sängerbundes und Matthias Walther als Vorsitzender des Niddatal-Sängerbundes teilnahmen, war ebenfalls von einem abwechslungsreichen Repertoire geprägt. So steckte der gastgebende Eichenkranz mit seinem gemischten Chor unter Thomas Kiersch gleich zu Beginn ein weites Feld von Klassik bis Gospel ab. Gäste waren der Männergesangverein Liederlust 1840 Ober-Seemen unter Walther Darmstadt  und der Gesangverein 1840/1854 Ortenberg unter Philipp Langstroff sowie der älteste Chor der Region, die Einheit 1835 Echzell unter Jan Frische. Abordnungen der mehr als 175 Jahre alten Chöre „Concordia“ Langsdorf und „Sängerkranz“ Nidda waren ebenfalls erschienen. Die Formationen der Großgemeinde Ranstadt wurden durch den Liederkranz Ober-Mockstadt unter Christine Rehan und die Eintracht Ranstadt vertreten. Für einen stimmungsvollen Ausklang des Abends sorgten die „Monday Singers“ unter Gerd Harth mit einer mehr als einstündigen Konzert und vielen Liedern zur Gitarre.

Der Sonntag stand im Zeichen der Partnerschaft des Gesangvereins Eichenkranz mit dem Liederkranz aus Geraberg in Thüringen. Beide Chöre gestalteten einzeln und gemeinsam den Festgottesdienst unter der Leitung von Pfarrer Martin Stenzel in der Dreifaltigkeitskirche. Die Geraberger, die mit über 35 Aktiven sowie Begleitpersonen angereist waren, begleiteten zudem das Beisammensein im Pfarrhof mit zahlreichen Vorträgen ihres gemischten Chores sowie des Projektchores 007, beide unter Leitung von Brigitte Roth. Bis sich die Thüringer Sänger mit „Als Freunde kamen wir“ wieder in Richtung Heimat verabschiedeten, verging ein fröhlicher Nachmittag, bei dem auch ein Besuch im Dauernheimer Mühlenmodellbaumuseum nicht fehlen durfte. Hinzu kam zur Kaffeezeit ein buntes Potpourri aus volkstümlicher und moderner Blasmusik, vorgetragen vom Musik-Verein Ober-Mockstadt unter der Leitung von Norbert Faust.

Allseits wurden von Gastchören und Publikum die gute Organisation, das kurzweilige Drei-Tage-Programm und das besondere Flair des Pfarrhofs hervorgehoben. Eichenkranz-Vorsitzender Ralf Schneider dankte an seinem Vorstandsteam, allen engagierten Sängern und Helfern, auch aus den Kreisen der Eichhörnchen-Eltern und befreundeter Vereine, sowie den Sponsoren und Förderern die dieses gelungene Liederwochenende ermöglicht hatten.  

 

Chronical zum 175. Geburtstag

Der erste Vorsitzende Ralf Schneider (links) und der zweite Vorsitzende Gerd Harth mit der Original-Vereinsfahne aus dem Jahr 1842

Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, live am Gründungsabend eines Gesangvereins teilzunehmen - zumal dieses Ereignis weit in der Vergangenheit, nämlich bereits im Jahr 1840 stattfand? Wer am Samstag, 25. April, die Dauernheimer Gemeindehalle besuchte, konnte tatsächlich eine solche Zeitreise antreten: Aus Anlass seines 175-jährigen Bestehens brachte der Verein ein "Chronical" mit dem Titel "Das Lied, das nie zu Ende geht" (nach einem Song von Udo Jürgens aus dem Jahr 1973) auf die Bühne - eine kurzweilige Mischung aus "Musical" und "Chronik". Begleitet von den Schriftführerinnen Marianne Herzberger und Inge Müller als Chronistinnen begab sich die junge Altistin Eva Hofmann auf eine spannende, manchmal heitere, oft nachdenkliche Wanderung durch die Vereinsgeschichte - von der ersten Singstunde bis zur Gründung der jüngeren Formationen "Monday Singers" (Mitte der 80er Jahre), "Eichhörnchen" (2000) und "Junger Chor" (2013).

Umrahmt von einer Powerpoint-Präsentation mit Bildern zum Zeitgeschehen und passenden Liedern aus den jeweiligen Jahrhunderten wurde daraus ein zweieinhalbstündiges Gesamtkunstwerk aus kleinen Szenen und kurzen Interviews, das die Zuschauer zum Mitsingen animierte, manchmal erheiterte, einige Male aber auch zu Tränen rührte - so zum Beispiel, als der Kinderchor "Die Eichhörnchen" zum historischen Bild eines überfüllten Passagierschiffes den Song "Over The Rainbow" anstimmte und damit die Sehnsüchte der Auswanderer Ende des 19. Jahrhunderts in Worte und Klänge fasste. Ebenso griff mancher im Saal zum Taschentuch, während eine Dauernheimer Landfrau der Nachkriegszeit (Andrea Carl) ihrem spät aus dem Krieg heimkehrenden Mann (Klaus Fladerer) entgegenlief, als die aus Sachsen stammende Traudel Weichelt berichtete, wie sie die Grenzöffnung am 9. November 1989 erlebt hatte, und Ehrenvorsitzender Gerd Pietsch anschließend die von ihm initiierte Partnerschaft mit dem thüringischen "Liederkranz" aus Geraberg schilderte oder als der Junge Chor mit Enyas "Only Time" die Erinnerung an den 11. September 2001 wachrief.

Zwischendurch gab es aber auch reichlich Gründe zum Lachen - und manchmal auch zur Empörung, so zum Beispiel, als die junge Zeitreisende Eva Hofmann versuchte, sich unter die Männer der ersten Stunde zu mischen und mitzusingen: an einen gemischten Chor war im Jahr 1840 noch nicht zu denken, musste sie bitter erfahren. Nichts also in diesem speziellen Fall mit "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", dem Wahlspruch der französischen Revolution, den Gründungsmitglied Georg Kirchner (Udo Hofmann) stets im Munde führte und gleichsam durch alle Generationen bis hin zu Jungtenor Robin Rullmann weiterreichte. Von der politischen und religiösen, der gemeinschaftstiftenden und der emotionalen Kraft des Liedes, das nie zu Ende gehen soll, war in diesem "Chronical" die Rede - und was theoretisch beschrieben wurde, setzte man mit Melodien von Mendelssohn-Bartholdy und Brahms bis Harry Belafonte und Peter Maffay wie zum Beweis sogleich in Klänge um.

Das Publikum, das eng in die Darbietung eingebunden war, dankte mit stehendem Beifall für die innovative Präsentation der Geschichte des ältesten Dauernheimer Vereins. Zum Abschluss überreichte erster Vorsitzender Ralf Schneider einen roten Regenschirm mit munteren Noten darauf an die "Schirm-Herrin" des Jubiläumsjahres, Ranstadts Bürgermeisterin Cäcilia Reichert-Dietzel, die ebenso wie Dauernheims Ortsvorsteherin Roswitha Petzold und Pfarrer Martin Stenzel zum Chronical erschienen war.

Die musikalische Gesamtleitung hatte Thomas Kiersch inne, der zudem den Gemischten und den Jungen Chor dirigierte. Gerd Harth führte (als Mitbegründer) die "Monday Singers" sowie die Eichhörnchen. Ralf Schneider sowie Gerd Harth als zweiter Vorsitzende deckten auch die Rollen des Präsidenten bzw. des jeweiligen Chorleiters durch alle Jahrhunderte ab. Ton, Beleuchtung und Technik lagen in den Händen von Ralf Schneider und Benjamin Harth. Zahlreiche Helfer standen für Aufbau und Requisits zur Verfügung, Elke und Helmut Michel übernahmen für den TV Jahn Dauernheim die Bewirtung der Gäste in der Pause, den Zwiebelkuchen hierzu hatte der ehemalige Vorsitzende und aktive Tenor Norbert Möschl seinem Verein gespendet. Konzeption und Text des Chronicals stammten von Inge Müller, die sich hierbei auf die Arbeit zahlreicher Dauernheimer Heimatforscher/innen und Autor/innen zu den Festschriften und Chroniken der Dauernheimer Geschichte sowie der Vereinshistorie stützen konnte.

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